Startschuss für die neue Kultursaison – Kreisheimatpfleger Wolfgang Jäger referierte über die Akeleischwesternschaft Haßfurt

Sep 20, 2021 | KUNSTSTÜCK, Veröffentlichungen

RÜGHEIM (msch)  Mit einer Eröffnungsveranstaltung im Schüttbau in Rügheim startete am Freitag die zwanzigste „Kunststück“-Saison des Landkreises Haßberge. Von September 2021 bis Juli 2022 sind wieder zahlreiche Workshops, Konzerte, Führungen, Filmbeiträge und vieles Weitere im Angebot. Die „Kunststück“-Broschüre bietet einen Überblick und liegt ab sofort in den Kommunalverwaltungen, im Landratsamt und in Geschäften zum Mitnehmen aus.

Kulturkoordinatorin Katharina Eckstein – seit 1. Juli im Amt – plante die Eröffnungsveranstaltung. Landrat Wilhelm Schneider wies darauf hin, dass der Landkreis im kommenden Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert. Deshalb stehe die kommende Kultursaison unter dem Motto „Heimat“.

Kreisheimatpfleger Wolfgang Jäger referierte über die Akeleischwesternschaft. Foto: Martin Schweiger

Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand der Vortrag von Kreisheimatpfleger und Ersten Vorsitzenden des Historischen Vereins des Landkreises, Wolfgang Jäger, über die „Akeleischwesternschaft“. Die Akeleischwesternschaft, deren letzte Königin ihr Grab in der Ritterkapelle in Haßfurt gefunden hat, gehörte zu den frühesten Zusammenschlüssen adeliger Damen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. In einer Zeit, in der Frauen ohne eigene Rechte nahtlos von der Vormundschaft ihres Vaters nach ihrer Hochzeit als Ehefrauen unter die Autorität ihres Mannes oder als Nonnen unter die Ordensregeln gerieten, hatten sich im heutigen Landkreis Haßberge und dessen Umgebung 31 verheiratete, verwitwete oder ledige adelige Damen zu einer Schwesternschaft zusammengefunden, die durch die Akeleiblume symbolisiert wurde, und die für die Jahre 1380 bis 1531 nachgewiesen ist. 

Die Akeleischwesternschaft war eng mit dem Augustinerkloster Königsberg verbunden, wo sie ihren Jahrestag beging. Das Augustinerkloster in Königsberg bestand von 1363 bis 1524 und stand auf dem Grundstück der heutigen Friedhofskirche. Seit 1380 machten sich die 31 adeligen Damen mit ihrer Dienerschaft auf den Weg zum Augustinerkloster nach Königsberg. Dort übernachteten sie in einem Haus, das mehrere Zellen enthielt. Von Samstag bis Montag begingen sie im Augustinerkloster den Jahrestag ihrer Akeleischwesternschaft und gedachten der verstorbenen Mitschwestern, um dann wieder zu ihren Familien zurückzukehren. Jede Akeleischwester sollte, wenn sie angekleidet war, sich durch das Tragen einer silberne vergoldeten Akeleiblume ausweisen. Jede Akeleischwester, die von einer Mitschwester ohne die Akeleiblume angetroffen wurde, sollte ein halbes Pfund Wachs zur Buße bezahlen, daraus Kerzen machen und in ihrer Pfarrei, der sie angehörte. „zum Heil der Seelen aller verstorbenen Schwestern und zur Ehre Gottes verbrennen“ (Artikel 5 der Ordnung der Akeleischwestern). Artikel 2 legte fest, dass es maximal 31 Akeleischwestern inklusive der Königin geben durfte. Aufgenommen werden konnten nur gut beleumundete adelige Damen mit vier adeligen Vorfahren. Artikel 6 listete ausführlich auf, was einer verstorbenen Schwester an Gutem getan werden sollte. Jede Schwester sollte im darauffolgenden Vierteljahr drei Vigilien (Vorabendmessen) und zehn Messen auf ihre Kosten bestellen, zu jeder Messe drei Kerzen anzünden, zehn Opfer und zehn Almosen geben und bei jeder Messe 30 Vaterunser, 30 Ave Maria und drei Glaubensbekenntnisse beten und dabei die verstorbene Schwester immer beim Namen nennen. Gegründet wurde die Schwesternschaft in einer Zeit großer existentieller Verunsicherung, die neue Formen privater religiöser Andacht hervorbrachte. Kälteeinbrüche und sommerliche Hochwasserkatastrophen, wie das Magdalenenhochwasser am 21. Juli 1342, führten zu Missernten, Hungersnöten und Seuchen. Mitte des 15. Jahrhunderts durchlebte die Akeleischwesternschaft eine Krise und es fanden etliche Jahre keine Jahrestreffen mehr statt. Im Jahr 1498 wurde sie durch Elisabeth Fuchs, geborene von Thüngen, mit 23 Schwestern wieder „löblich und herrlich angefangen“ und Elisabeth Fuchs zu ihrer Königin gewählt. Sie starb am 11.Februar 1517. Bei der Wahl am 15. Juni 1517 wurde die Witwe Margaretha von Stein zum Altenstein, geborene Steinrück, die damals in Haßfurt lebte, mit 22 von 26 Stimmen gewählt. Sie war die letzte Königin der Akeleischwestern. Die Reformation und die damit verbundene Auflösung des Augustinerklosters Königsberg besiegelten auch das Ende der Akeleischwesternschaft. Drei Epitaphien (Wandreliefs) der letzten Königin sowie von ihren beiden Ehemännern Dietz Truchsess von Wetzhausen (gestorben 1488) und Apel von Stein zum Altenstein (gestorben 1513) sind in der Ritterkapelle zu sehen. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von Elfie Arbinger und Birgit Bohnert, die drei Klarinettstücke spielten.

Text und Bild von Martin Schweiger.

Weitere Bilder sind von der Kulturstelle Landkreis Haßberge.